Kräuter im Fasten und in der Vollwerternährung
“Gegen jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen“, das dieses Zitat von Hildegard von Bingen stimmt, möchte ich heute beweisen und freue mich, Euch in die Welt unserer heimischen Kräuter entführen zu dürfen.
Hier erfahrt Ihr etwas über die Historie, Wirkweise, Inhaltsstoffe und Verwendung anhand ausgesuchter (Un)-Kräuter. Und ich habe nicht nur richtig leckere sondern auch gesunde Rezepte zum nachkochen dabei.
Kommen wir zum Ursprung der Kräuter, die schon lange Bestandteil unserer Nahrung sind. Grabfunde belegen, dass bereits vor 60.000 Jahren Heilkräuter verwendet wurden. Auch in der keltischen und germanischen Frühzeit (ca. 450 – Christi Geburt) nutzten die Völker Kräuter zur Heilung.
Hildegard von Bingen (1098-1179), die wohl bekannteste Vertreterin der Naturheilkunde, hatte gegen jedes Zipperlein ein Kraut. Der allgemeine Bekanntheitsgrad wurde mit der im 15. Jahrhundert gedruckten „Kräuterbibel“ gesteigert und so auch für das gemeine Volk nutzbar. Erst mit Einführung der industriellen Herstellung chemischer-pharmazeutischer Wirkstoffe ging viel Wissen um die Kräuterkunde verloren. In der jüngsten Vergangenheit verwendet man wieder Kräuter als wichtigen Bestandteil einer natürlichen Ernährung und Lebensweise und verhilft so dem Superfood zu einem Revival.
Definition/Wirkweise/Inhaltsstoffe
Unterschieden wird nach Küchen- und Gewürzkräutern, die hauptsächlich Speisen bekömmlicher machen bzw. geschmacklich aufwerten (z. Bsp. der Beifuß im Gänsebraten oder Löwenzahn als Bitterstoff im Salat) und den Heilkräutern, die oft Bestandteil von Arzneien oder Tee sind (z. Bsp. Salbeitee bei Halsschmerzen, Spitzwegerich im Hustensaft oder Brennnesseltee als Ausscheidungstee).
Während des Pflanzenwachstums werden Heil- und Ballaststoffe – je nach Pflanze an unterschiedlicher Stelle gebildet (Blüten, Blätter, Wurzel, Samen). Dabei treten natürliche Schwankungen je nach Standort, Erntezeitpunkt und Lagerung auf.
Wichtig zu wissen: Bei falscher Dosierung können auch Heilkräuter für den menschlichen Organismus schädlich sein.
Hauptbestandteile sind:
- Ballaststoffe: Faser- und Füllstoffe, deren Bestandteile unverdaut bis in den Darm gelangen
und die Verdauung anregen. - Bitterstoffe: verdauungsanregend, wirken im Magen-Darm-Leber-Trakt (Löwenzahn,
Schafgarbe). - Mineralien: unterstützen den Aufbau des Körpergerüstes – Knochen, Zähne, Zellen,
Bindegewebe (Kalium, Calzium, Eisen). - Vitamine: C, E, A, Beta Carotin (Die Brennnessel hat 6 x mehr Vitamin C als Orangen!)
- Gerbstoffe: adstringierend, bei Hautpilzen, Entzündungen, Verbrennungen (vorwiegend
in Wurzeln und Blättern, Bsp. Salbei) - Schleimstoffe: aufquellend, schleimig, reizmildernd bei Schleimhautentzündungen
(Spitzwegerich). - Ätherische Öle: entzündungshemmend, bekämpfen Bakterien und Viren, flüchtige Duftstoffe
(Lavendel, Dill, Basilikum). - Sekundäre Pflanzenstoffe/sonstige Bestandteile:
Glukoside: Scharfstoffe, unterstützen körpereigene Entgiftungsprozesse (Kresse)
Saponine: pflanz. Abwehrstoffe (Taubnessel)
Flavone: Farbstoffe, antioxidativ, immunstärkend (Hirtentäschel, Kerbel)
Verwendung der Kräuter
Nahrungsmittel in der VWE: möglichst roh oder nur kurz gegart, um Mineralstoffe/SPS und Vitamine zu erhalten.
(Fasten) Tees: frische oder getrocknete Kräuter, immer in Bioqualität (keine Pestizide) genießen. Teekräuter können individuell je nach Befindlichkeit gemixt werden – im Fasten sollten Kräuter gemischt werden, da viele in der Einzelwirkung zu stark sind. Dabei immer die Ziehzeit beachten (5-10 min. auf ¼ Ltr. kochendes Wasser).
- entspannend/schlaffördernd/ausgleichend: Lavendel/Melisse/Hopfen
- entkrampfend/ausscheidend: Giersch, Löwenzahn, Brennnessel, Schafgarbe, Pfefferminze, Kamille
- kreislaufanregend: Rosmarin/Pfefferminze
- Brühen: frische Kräuter zur Geschmacksintensivierung (weniger Salz), Entgiftung, Ausscheidung
- Infused Water: geschmackliche Alternative, mit ätherischen Ölen (Pfefferminze, Basilikum, Zitronenmelisse, Waldmeister)
- Voll-/Teilbäder/Umschläge: steigern Wohlbefinden, können entspannend oder anregend sein (Lavendel, Rosmarin)
Ernten/Aufbewahren:
Nicht an vielbefahrenen Straßen, Parks, gedüngten Feldrändern oder Naturschutzgebieten sammeln. Besser im eigenen Garten oder an geschützten Stellen ernten. Maßvoll und nur für den eigenen Bedarf. Erntezeitpunkt: kurz vor der Blüte, Kräuter sollten nicht feucht sein.
Ganz wichtig: Nur Kräuter, die man genau bestimmen kann, ernten und auf giftige Doppelgänger achten (Bärlauch – Maiglöckchen). Im Zweifel einen Kräuterpädagogen befragen oder eine Kräuterwanderung buchen.
Getrocknete Kräuter immer in Gläsern oder Dosen luftdicht, kühl und dunkel aufbewahren.
Rezepte/Tipps/Quellen
Ich möchte bei meinen Lieblings(un)kräutern bleiben: Brennnessel, Giersch und Löwenzahn. Alles typische Frühlingskräuter, mit denen man sehr viel experimentieren kann.
Giersch, auch Zipperleinskraut genannt, schmeckt z. Bsp. hervorragend als Pesto, als Gemüse statt Spinat, aber auch im Salat oder der Kräuterbutter und erinnert geschmacklich an Petersilie.
Löwenzahn ist als typische Salatzutat für die dringend benötigten Bitterstoffe zuständig, aber auch als Tee nicht nur in der Fastenzeit zu empfehlen, hilft es der Leber zu entgiften.
Die Brennnessel ist als typische Stoffwechselpflanze ein Allrounder, als frittiertes Blatt eine absolute Delikatesse und findet Verwendung in Suppen, Tees, Pesto oder als Smoothie.
Rezepte:
Löwenzahnknospen in Öl
Frische, feste Löwenzahnknospen im 1 Ltr.-Gefäß mit Sud aus 300 ml Weißweinessig (6 %), 300 ml Wasser, 2 EL Zucker, 3 TL Salz, 4 Knoblauchzehen, 1 Chilischote (aufkochen und lauwarm abkühlen lassen) aufgießen. Mit einem Teller beschweren, so dass alle Knospen bedeckt sind und kühl und dunkel stellen. Nach ca. 4 Wochen abgießen, in Schraubgläser umfüllen und mit gutem Olivenöl bedecken. Lagerfähigkeit: ca. 1 Jahr
Brennnesselwurzelessig
Frische gewaschene Wurzeln und Blätter zerkleinern und ein Glas zu einem Drittel befüllen, mit naturbelassenem Apfelessig aufgießen und 3 Tage unverschlossen stehen lassen. Danach Glas verschließen und für mindestens 4 Wochen dunkel und kühl stellen.
Lagerfähigkeit: mind. 1 Jahr
Im Frühjahr als 4-wöchige Kur: morgens 1 EL Essig in laufwarmen Wasser trinken (blutreinigend und stoffwechselanregend)
Brennnessel-Giersch-Suppe
1 kleingeschnittene Schalotte und 1 gewürfelte Kartoffel in Butter anschwitzen mit je 1 Handvoll Brennnesselblätter und Giersch (gewaschen und gerebelt) vermengen, mit Brühe auffüllen, köcheln, salzen, pfeffern, mit einer Prise Muskatnuss abschmecken und pürieren. Optional etwas (vegane) Kochsahne hinzugeben.
Tipps:
- Spitzwegerich hilft bei Blasen oder Insektenstichen: einfach ein zerquetschtes Blatt auf die Stelle legen.
- Brennnesselbrühe ist ein veganer Ersatz zur Hühnerbrühe bei Erkältungskrankheiten.
- Brennnesselsamen (auch Nüsschen genannt) ergeben eine gute Würze im Salat, Joghurt oder Quark.
- Löwenzahnstängel als Schnittlauchersatz im Kartoffelsalat. Löwenzahnblüten als Gelee, Blätter im Kräutersalz
- Löwenzahnknospen kann man süß/sauer wie Knospen einlegen.
Buchempfehlungen und Quellen:
- Hildegard von Bingen: „Kräuterheilkunde für Gesundheit und Wohlbefinden“, Komet Verlag
- Gabriele Leonie Bräutigam: „Brennnessel: Rezepte für Vitalität, Schönheit und Genuss“, Hans-Nietsch-Verlag OHG
- Grit Nitzsche: „Löwenzahn-aromatisch und gesund“, Buchverlag für die Frau
- Viola Schalski, Heilkräuterexpertin, www.hauptstadt-heilpflanze.de
- Dfa-Informationsmaterial
- Zeitschrift „LandIdee“
Abschließend freue ich mich, wenn Eure Neugier auf unsere heimischen Kräuter geweckt wurde und auch
die eher ungeliebten Unkräuter einen Platz in Eurem Küchenherz finden. Vielleicht testet Ihr auch das ein oder andere Rezept und gebt mir danach ein Feedback unter